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Tambor: santeria.at
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Die Rolle der Trommelzeremonien

Verfasst von Thomas Altmann, eingeweihter Zeremonialtrommler

Auch das toque de santo, das zeremonielle Fest mit Trommeln und Musik zu Ehren eines oder mehrerer Orishas stellt eine Form der Divination im Sinne der "Kommunikation mit Gott" dar.

Oft wird solch ein toque oder tambor als eine Form von Ebbó (Opferleistung) durch das Orakel verordnet. Ein tambor de fundamento, ein Fest mit geweihten Batá-Trommeln, ist eines der umfangreichsten und kostspieligsten Opfer des Kultrepertoires.

Der Sinn einer solchen Veranstaltung ist es, die Orishas mithilfe der Trommeln, ihrer Rhythmen und Lieder gewissermaßen herab- und hereinzubitten, um sie als Ehrengäste der Feier zu beköstigen und gut zu stimmen, sowie ihnen wichtige Ratschläge und Anweisungen zu entlocken (Divination). Das Erscheinen der Orishas auf einem toque manifestiert sich in der Besessenheit eines dafür prädesti­nier­ten Teilnehmers an der Zeremonie durch diese Gottheit. Diese Person leiht dem Orisha für die Zeitdauer seiner Trance als Medium seinen Körper; das heißt, seine Gegenwart wird kurzfristig durch die des Orishas ersetzt. Aus der in Trance befindlichen Person spricht dann die (personifizierte) Gottheit.

Die Batá-Trommeln sind die Kirchenmusikinstrumente der Lukumí. Ihr Platz in der Santería entspricht etwa dem der Orgel in der christ­lichen Kirche. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des Kultus und ihrer Liturgie, aber eben nur ein Teil unter vielen anderen. Und die Vorstellung von einer in einen orgiastischen Blutrausch mündenden dionysischen Ekstase, die Westeuropäer gerne mit afro­kari­bi­schen Religionen in Verbindung bringen, offenbart weniger von der Realität des Kultes als von den psychischen Abgründen derer, die solche Bilder heraufbeschwören.

Beinahe wichtiger noch als die drei Trommler ist der Sänger, genauer gesagt der Vorsänger (Akpwón), der mit seinen Liedern die gesamte Zeremonie steuert. Das musikalische Repertoire und rituelle Wissen solcher Akpwones ist gewaltig. Sie kennen Hunderte von Liedern und ihre rhythmische und rituelle Positionierung und variieren und improvisieren sie nach ihrer eigenen Erfahrung. Sie leiten die Zeremonie, die Trommler und den Chor, ja selbst den Orisha, der sich in einem der Anwesenden verkörpert hat.

Den Chor bildet die Gemeinde der anwesenden Festteilnehmer, die natürlich mit dem liturgischen Liedgut gleichfalls vertraut ist.

Oru (Oro)

von Thomas Altmann (2005)

mit freundlicher Genehmigung des Autors

 

Toque de Santo

In der Liturgie der Regla de Ocha (Santería) ist Oru der technische Begriff für einen rituell festgefügten liturgischen Zyklus im Rahmen einer bestimmten Zeremonie. Die Zeremonie, die wir hier betrachten wollen, ist das sogenannte toque de santo. Es handelt sich dabei um eine Messe für die Santos, also die Orishas, die Gottheiten der Yoruba, beziehungsweise der Lukumí. Eine solche Festlichkeit ist traditionell für jeden frei zugänglich, der ihr beiwohnen möchte - bis hin zu unbekannten Passanten, die sich im Vorbeigehen von ihr angezogen fühlen. An der Haustür steht oft eine Schale mit Blütenwasser, in das der Besucher die Finger seiner rechten Hand taucht und sich beim Eintreten damit bekreuzigt. Dies ist ein Akt der Reinigung.

Das Fest wird zu Ehren eines oder mehrerer Orishas gegeben. Oft liegt der Ausrichtung eines Toques eine rituelle Verpflichtung zugrunde, die das Ergebnis einer Orakelbefragung war. Das Toque ist dann Bestandteil einer komplexen Opferhandlung, ebo genannt. Funktion und Wirkungsweise eines ebo sind vielschichtig. Der Umfang des festgesetzten ebo variiert von Fall zu Fall, und ein Toque zu veranstalten gilt als einer der aufwendigsten und teuersten Opferhandlungen, die sich aus einer Orakel-Konsultation ergeben können.

Ein Toque kann auch auf eigenen Wunsch gefeiert werden, etwa anläßlich des Jahrestags des betreffenden Heiligen oder zum religiösen Geburtstag (Initiations-Jubiläum) eines Priesters.

Ein Toque de Santo wird auf Cuba in den Räumlichkeiten der Privathäuser und Wohnungen abgehalten, die hierfür speziell hergerichtet werden müssen. Es muß Platz für die Trommler und die Besucher freigeräumt werden. Die Besucher werden im Verlauf der Feier zu den Trommeln tanzen und singen. Außerdem wird ein Zimmer für die Orishas hergerichtet, in dem ein üppig drapierter trono, ein "Thron" oder Altar für die Orishas konstruiert wird. Vor den Orishas werden Torten, Speisen, Früchte und Blumen aufgestellt und dargeboten. Die Lebensmittel werden jedoch später an die anwesenden Gäste verteilt, die auf diese Weise mit den Orishas gemeinsam speisen und so an ihrem Aché, ihrer segenspendenden Kraft teilhaben.

Der ultimative Sinn und Zweck eines Toque besteht darin, den Orisha, für den die Feierlichkeit stattfindet, leibhaftig herbeizuladen. Dies geschieht, indem einer der Partizipanten (oft ein bestelltes - und bezahltes - Medium) in Trance fällt und von dem betreffenden Orisha besessen wird; das Medium leiht der Gottheit gewissermaßen seinen Körper.

Formate eines Toque de Santo

Es existieren unterschiedliche Formate eines Toque de Santo:

  1. Toque de Güíro
  2. Toque Bembé
  3. Toque Batá de Fundamento (tambor de fundamento, Añá)
  4. Toque Batá Aberikula (tambor aberikula)

Die Bezeichnung tambor ist auf Cuba üblich für die Batá-Trommeln. Tambor ist aber auch der gängige Ausdruck für ein Trommelspiel oder Fest (toque) mit Batá-Trommeln. Bei einem Tambor de Fundamento werden geweihte Trommeln (Batá-Añá) von geweihten Trommlern (Omó-Añá) gespielt, was einen besonderen rituellen Kodex verlangt. Ein Tambor Aberikula ist ein ungeweihtes Set Batá, das von jedem gespielt werden darf, der die technische Befähigung dafür besitzt.

Bembé-Trommeln sind mitunter geweiht (vor allem in der Provinz Matanzas), meistens aber nicht; vor allem werden auf einem Toque Bembé oft gewöhnliche Conga-Trommeln anstelle der morphologisch ähnlichen tambores bembé gespielt. Auf einem Toque de Güíro werden Chékeres (Kalebassen-Shaker) im Ensemble gespielt, meist vereint mit einer Conga. In jedem Falle wird auch ein Sänger bzw. Vorsänger (apwuón, akpón) engagiert, der bei einem Toque Batá meist zusätzlich die acheré (hier eine einfache Maraca) spielt und auf einem Bembé oder Güíro eine Cowbell oder guataca (Hackenklinge) schlägt.

Als Gegenstück zum Toque de Santo (besser wäre eigentlich: Toque al Santo) gibt es auch das Toque al Muerto (für die verstorbenen Ahnen). Für diesen besonderen Anlaß hat sich auch das Format des Cajón, eines Ensembles mit einem oder mehreren cajones (Klangkisten) etabliert. Es kann aber auch ein Tambor mit Batá-Trommeln (Añá oder Aberikula) für die Egun, die Kollektivgottheit der Totenseelen gegeben werden; hierbei sind spezielle Vor- und Nachbereitungen erforderlich, und auch der Oru, der zeremonielle Ablauf des Toques, ist anders als beim Toque de Santo.

Der Ablauf eines Toque de Santo

Tambor de Fundamento

Traditionell bringt der Veranstalter des Festes am Vortage dem Besitzer des Tambors (hier: des geweihten Batá-Sets) einen Hahn, zwei Kokosnüsse, ein Glas Bienenhonig und eine Flasche Zuckerrohrschnaps oder Rum vorbei, zusammen mit dem als Gebühr (derecho) vereinbarten Geldbetrag. Heute wird meist nur ein Gesamtbetrag in Vorkasse entrichtet, von dem auch die Gage der Trommler bezahlt wird.

Da Añá, der Orisha in der heiligen Trommel, nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr spricht, muß der Tambor traditionell rechtzeitig beginnen. Auf Cuba beginnt demnach ein Tambor de Fundamento um die Mittagszeit und endet gegen 21:00 Uhr. Zur Nachtzeit ist sonst zu befürchten, daß nicht nur Orishas, sondern auch Egun (Totengeister) und andere unwillkommene Wesen der Feier ihre Aufwartung machen. Dennoch wird in der Praxis oft von orthodoxen Traditionen abgewichen, wenn die Lebensumstände dies notwendig machen.

Bevor die geweihten Trommeln die Haustürschwelle des Festortes überqueren, träufelt der Hausbesitzer ein wenig frisches Wasser in den Eingang.

Nach ihrer Ankunft ziehen sich die Trommler alsbald in das Orisha-Zimmer (cuarto de santo, igbodú) zurück, um vorbereitende Riten und die Präparation der geweihten Trommeln vor­zu­neh­men. Die Batá werden mit Umhängen (banté) bekleidet, und die große Trommel, die Iyá, erhält an ihren Enden mit Glocken (chaworó) besetzte Gurte oder Stränge, die ihre beiden Fellränder um­kränzen. Darauf wird vor dem Orisha-Altar (trono), der sich im selben Zimmer befindet, ein so­ge­nann­ter Oru seco, also ein "trockener", nicht von Gesang begleiteter Oru (hier: festgelegter Zyklus von Trommelspielstücken) für 22 Orishas gespielt (stellvertretend für alle Orishas). Dieser Zyklus heißt auch Oru (de) igbodú, weil er im cuarto de santo, dem Heiligen-Zimmer abgehalten wird. Jeder Orisha besitzt mindestens ein eigenes Spielstück (Toque), das ihm gewidmet ist, ihn zeremoniell wie musikalisch repräsentiert und zu seiner Anrufung verwendet wird. Bei diesen einzelnen Toques oder Trommelspielstücken handelt es sich um weit mehr als bloße Rhythmen; die meisten Toques bestehen aus mehreren Abschnitten und bilden so wahre Suiten. Jeder dieser Abschnitte wird von einem komplexen Polyrhythmus aus einer festgelegten Verteilung der drei Trommelstimmen gebildet. Es wäre unangemessen, nur die rhythmische Komponente des Batá-Orchesters wahrzunehmen, auch wenn es sich hier "nur" um Trommeln mit nur relativer unbestimmter Tonhöhe handelt.

Das Spiel des Oru Seco dauert etwa zwanzig Minuten bis zu einer halben Stunde. Zum Oru Seco wird weder getanzt noch gesungen.

Nach Beendigung des Oru Seco ist es üblich, daß die Trommler beköstigt werden; dies ist fester Rahmenbestandteil der gesamten Zeremonie. Die Trommeln werden währenddessen in dem Wohnzimmer, in dem der übrige Teil des Festes stattfinden wird, auf drei Stühle gelegt, die mit der Sitzvorderseite vor die Wand geschoben werden. Niemand, der nicht in Añá eingeweiht ist, darf die Trommeln berühren. Insbesondere gilt es als Sakrileg, wenn eine Frau die heiligen Trommeln anfaßt. Nach dem Essen werden die Essensreste vom rangniedrigsten, also weihe-jüngsten Trommler hinausgebracht und an den Straßenrand geschüttet. Dies ist ein Opfer für den Orisha Eleggua.

Nach dem Essen wird im Wohnzimmer ein weiterer Zyklus, der sogenannte Oru cantado, also der "gesungene Oru" gespielt. Hier kommt nun der Apwuón, der Vorsänger zum Einsatz, auf dessen gesungene Phrasen die Gemeinde der Festteilnehmer im Chor antwortet. Auch der Oru Cantado (Oru (de) eya aranla) folgt einer ganz bestimmten Ordnung, die noch spezifiziert werden wird. Der Oru Cantado ist öffentlich. Alle Beteiligten singen mit, sofern sie die religiösen Lieder kennen; doch tanzen dürfen zum Oru Cantado nur initiierte Priester.

Nach dem gesungenen Oru schließt sich unmittelbar der eigentliche Hauptteil des Festes an, das Wemilere (Güemilere). Im Wemilere oder iban baló werden alle Orishas angerufen, besonders aber natürlich die Gottheit, für die die ganze Feier veranstaltet wird; denn diese soll sich ja möglichst in einem Medium manifestieren. In diesem Teil der Zeremonie dürfen alle Anwesenden mittanzen. Für das Wemilere gibt es kein festgelegtes Ablaufschema; es ist strukturell frei.

Allerdings befinden sich im Wemilere eingebettet ein bis zwei weitere Programmpunkte, die so früh wie möglich versehen werden wollen. Soweit die Haupt-Orishas anwesender Santeros oder Santeras bekannt sind, werden Lieder für jeden dieser Orishas gesungen, worauf deren Priester die Trommeln, oder vielmehr deren Orisha Añá grüßen. Dies geschieht, indem sie sich vor der großen Trommel, der Iyá niederwerfen, darauf ihre Stirn kurz auf den mit ihrem Stoffumhang (banté) bekleideten Trommelkörper legen und ihn (genauer gesagt, den Umhang) küssen. Als nächste Trommel wird die kleinste Trommel, die Okónkolo (aus Sicht des Publikums links von der Iyá) durch Auflegen der Stirn und Kuß des Banté begrüßt und zum Schluß die mittelgroße Trommel, die Itótele, auf die gleiche Weise; nur daß man sich vor den beiden kleineren Trommeln nicht niederwirft. (Kinder von Eleggua grüßen zuerst die Okönkolo, dann die Iyá und dann die Itótele, da die Okónkolo Eleggua gehört). Es ziemt sich außerdem für den Priester, in die kleine Kalebassenschale (jícara), die mit Sicherheit vor dem Iyá-Spieler placiert zu finden ist, einen Geldschein als Spende zu deponieren, mit dem man sich zuvor bekreuzigt. Dieser Gruß gilt weder den Trommeln noch den Trommlern, sondern Añá. Darum sind tambores aberikula (ungeweihte Trommeln) auf gar keinen Fall in dieser Weise zu grüßen! Auch im späteren Verlauf werden neu eintreffende Priester mit Gesängen für ihre jeweiligen Orishas begrüßt und geehrt.

Der andere Programmpunkt, der eventuell in der Anfangsphase des Wemilere ansteht, ist die Präsentation frisch eingeweihter Ocha-Novizen, sogenannter Iyawós oder iyawoses (span. Pluralbildung). Es ist auf Cuba integraler Bestandteil einer jeden Einweihung in Orisha, daß der Neueingeweihte den heiligen Trommeln, also den tambores de fundamento, vorgeführt, genauer gesagt: Añá präsentiert wird. In aller Regel wird zu diesem Zweck die Gelegenheit eines Tambors ausgenutzt, der irgendwo von irgendjemandem für einen der Orishas organisiert wird. Der oder die Iyawós warten von Beginn der Feierlichkeit in einem Nebenraum, bis ihre Zeit gekommen ist und sie von ihren Paten hinausgeführt werden. Die presentación al Añá dient auch als Test, ob der Novize anfällig oder empfänglich für die Trance-induzierenden Lieder und Toques ist und als Medium ihres Orishas von diesem besessen werden kann.

Besessene Personen, ob Iyawó oder Olórisha, werden als inkarnierte Orishas angesehen und behandelt. Sie sind die Ehrengäste jedes Toque de Santo. Sie werden ihrer Schuhe entledigt und im Igbodú in die rituelle Tracht des betreffenden Orishas gekleidet. Sie werden mit ihren Lieblingsgerichten und -getränken versorgt. Jede ihrer Äußerungen wird auf das gewissenhafteste beherzigt und ihr Rat und ihre Wünsche genauestens befolgt, auch und gerade über das Fest hinaus. Während dieser Phase konzentriert sich alles auf den Orisha (in Gestalt der besessenen Person). Wenn der Orisha tanzen möchte, haben die Musiker möglicherweise gut zu tun; manchmal verschwindet der Orisha aber auch regelrecht mit dem Rest der Gemeinde im cuarto, und die Energie im Veranstaltungsraum sinkt für eine unbestimmte Zeit auf den Nullpunkt.

Soweit man dem cubanischen Musikethnologen Fernando Ortíz Glauben schenken darf, zog das Ensemble einst nach dem Oru Cantado, der im Wohnzimmer stattfindet, zum Wemilere in die Vorhalle des Hauses, das Patio um. Heutzutage werden sowohl Oru Cantado als auch Wemilere in ein und demselben (großen) Raum im Hause abgehalten.

Auf das Wemilere folgt endlich das Abschlußritual der gesamten Zeremonie, der cierre. Zunächst wird ein Eimer mit Wasser gefüllt und vor den Trommlern abgestellt. Während die gesanglosen Toques des Cierre gespielt werden, die maßgeblich an die Egun und die mit ihnen kooperierenden Orishas gerichtet sind, werden alle negativen und unreinen Energien, die in den Raum freigesetzt wurden, von den Anwesenden genommen, gesammelt und gebündelt. Einige der Teilnehmer bewegen sich sogar ganz besonders, um die Negativität (osogbo) von sich abzuschütteln. Zu einem bestimmten Zeitpunkt tritt eine Priesterin von Yemayá vor, ergreift den Eimer an seinem Bügel, schwenkt ihn im Kreise und bewegt sich dem Ausgang des Hauses zu, um ihn schließlich in hohem Bogen auf die Straße zu entleeren. Dann bringt sie den leeren Eimer zurück und stellt ihn mit der Öffnung nach unten wieder vor den Trommeln ab, die sofort verstummen. Unmittelbar darauf beginnt der Sänger noch einige Lieder für Eleggua und Olokun zu singen, die von den Batá und dem Chor der Anwesenden begleitet werden. Abschließend spielen die Trommeln noch ein kurzes Signal, und damit ist die Feier unwiderruflich beendet. Die Geselligkeiten klingen langsam aus, Kuchenreste und Obst werden verteilt, die Orishas werden schonend verabschiedet, und die Trommler rüsten ihre Trommeln ab und verpacken sie, bevor ihr Honorar zwischen ihnen aufgeteilt wird.

Zusammenfassend ist der Ablauf eines Tambor de Fundamento folgendermaßen zu skizzieren:

  • Oru Seco (Oru Igbodú): Toques für alle Orishas
  • Essen der Trommler
  • Oru Cantado (Oru Eya Aranla): Toques und Lieder für alle Orishas
  • Wemilere (Iban Balo):
    1. Begrüßung der Priester und ihrer Orishas
    2. Präsentation von Iyawós
    3. Toques und Cantos für diverse Orishas
    4. Toques und Cantos für den Orisha, dem das Fest gewidmet ist
  • Cierre:
    1. Toques secos
    2. Heraubringen des Wassereimers
    3. Gesänge und Toques für Eleggua und Olokun
    4. Schlußsignal


Tambor Aberikula

Ein Tambor Aberikula mit ungeweihten Batá-Trommeln kann nach dem selben Ablaufplan durch­ge­führt werden wie ein Tambor de Fundamento, muß es aber nicht. Insbesondere rituelle Details, die die Trommler und Trommelbesitzer betreffen, entfallen. Außer dem (deutlich geringeren) Honorar, das die Trommler bekommen, sind Gaben wie Hahn, Rum oder Kokosnüsse nicht zu entrichten. Die Trommeln werden nicht gegrüßt, besonders nicht durch Kopfauflegen. Ebensowenig dürfen selbstverständlich Iyawós ungeweihten Trommeln präsentiert werden. Alle anderen Punkte können belassen werden, als wenn es sich um fundamento handelte. Aberikula wird oft engagiert, wenn kein Fundamento zur Verfügung steht oder dessen Preis dem Veranstalter zu hoch ist. Bei frei­wil­ligen Aktionen wie einer Jahrestags- oder Geburtstagsfeier (in Ocha) ist gegen Aberikula, Bembe oder Güíro nichts einzuwenden. Eine unbestreitbare Erleichterung bildet auch der im Verhältnis zum Fundamento lockere Kodex; man braucht nicht ständig darum besorgt zu sein, daß die Trommeln von Personen angefaßt werden könnten, die nicht dazu befugt sind.

Toque Güíro und Toque Bembé

Auch Güíro und Bembé unterliegen nicht dem Kodex von Añá. Die Instrumente werden nicht gegrüßt, Iyawós werden nicht präsentiert. Die Besonderheit bei diesen Formaten besteht darin, daß dort keine unterschiedlichen Toques existieren, die ganz bestimmten Orishas zuzuordnen wären.

Variabel und nach Orisha spezifizierbar bleiben lediglich die Gesänge. Darum kann auch im Igbodú kein Oru Seco gespielt werden; stattdessen wird der Oru Cantado (mit Chékeres und/oder Trommeln) vor dem trono gesungen. Für den Hauptteil der Zeremonie zieht das Ensemble in das Wohnzimmer des Hauses um, in dem die Gäste versammelt sind.

Ergänzend sei erwähnt, daß die Begrifflichkeiten weithin differieren und wechselnde Bedeutungen haben können. So wird der Begriff Bembé manchmal unterschiedslos für alle Trommelzeremonien (Toques, Tambor) verwendet, gleich ob es sich um Fundamento-Batá, Aberikula, Bembe-Trommeln oder Chékeres handelt. Auch das Wort Wemilere (Güemilere) kann sich auf eine gesamte Tambor-Zeremonie, also das Fest als solches beziehen. Und ein Güíro wird musikalisch oft als eine Form oder ein Stil von Bembé definiert. In musikalischer Hinsicht bezeichnet der Begriff Bembé darüberhinaus einen ganz bestimmten Rhythmus im 6/8-Takt, der allerdings in vielen Spielarten existiert. Meistens läßt sich aus dem Sprachzusammenhang entnehmen, welche Bedeutung einer der genannten Begriffe gerade hat.

Die Reihenfolge der Toques im Oru nach Ordnung der Orishas wird in den folgenden Abschnitten dargelegt:

Der Oru Seco oder Oru Igbodú eines Tambor Batá

Reihenfolge des Oru Seco (Oru Igbodú) nach Jesús Pérez

Die Reihenfolge, in der in Havanna die Orishas im oru seco angerufen werden, ist nach Jesús Pérez:

  1. Eleggua (manchmal 2 Toques: Latokpa und Echu)
  2. Ogún
  3. Ochosi
  4. Obaloke
  5. Inle
  6. Babalú Ayé (2 Toques: Iyankota und Bariba ogede ma)
  7. Osain
  8. Osun
  9. Obatala (manchmal 2 Toques: Obatala "por derecho" und Hekua Baba)
  10. Dada
  11. Oggué (Ogé) und Korikoto
  12. Aggayú
  13. Orunmila (Orula, Orunla)
  14. Oricha Oko
  15. Ibeyi
  16. Changó (manchmal 2 Toques, etwa Didilaro und Meta-Meta)
  17. Yegua (Yewa)
  18. Oyá
  19. Ochún
  20. Yemayá
  21. Obba
  22. Oddudua

Fernando Ortíz führt die Ibeyi vor Oricha Oko auf. Hierbei kann es sich entweder um eine Variation der Gepflogenheit oder aber eine Fehlinformation bzw. ein Versehen bei der Dokumentation handeln.

Nach der Schule von Andrés Chacón wird der Oru Seco in folgender Reihenfolge gespielt:

Reihenfolge des Oru Seco (Oru Igbodú) nach Andrés Chacón

  1. Eleggua (Latokpa)
  2. Ogún
  3. Ochosi (Ageré)
  4. Osun
  5. Obaloke
  6. Inle
  7. Oricha Oko
  8. Osain
  9. Babalú Ayé (2 Toques: Iyankota und Bariba ogede ma)
  10. Yegua (Yewa)
  11. Ibeyi
  12. Dada
  13. Oggué (Ogé) und Korikoto
  14. Aggayú
  15. Changó
  16. Obatala
  17. Obba
  18. Oyá
  19. Yemayá
  20. Ochún
  21. Orunmila (Orula, Orunla)
  22. Oddudua

Der Oru Igbodú wird stets eröffnet mit den tres guerreros Eleggua, Ogún und Ochosi, wobei Eleggua, seiner mythologischen Funktion als Gott der Wege gemäß, immer am Anfang wie am Ende steht. Im zeremonialen Kontext schließen jedoch weder Oru Seco noch der folgende Oru Cantado mit Eleggua, weil sich in beiden Fällen noch wesentliche Programminhalte der Feierlichkeit anschließen.

Bei einem Toque de Santo wird der Orisha, dem das Fest gewidmet ist, aus der Reihenfolge ausgekoppelt und an den Schluß des Oru gestellt; In vielen Häusern aber noch vor Oddudua. Oft werden für den auf der Zeremonie gefeierten Orisha mehrere Toques nacheinander gespielt.

Ferner ist zu berücksichtigen, daß in der Spielpraxis des Oru Seco die einzelnen Toques miteinander verknüpft werden und ineinander übergehen. Dies gilt besonders für Ogún - Ochosi - Obaloke, für die beiden Toques an Babalú Ayé und für Dada und Oggué.

Die Reihenfolge wird in Matanzas freier gehalten. Auch die Wahl der Toques variiert stärker.

Der Oru Cantado oder Oru Eya-Aranla

An den Oru Seco schließt sich ein weiterer obligatorischer Zyklus an, der oru cantado oder oru (de) eya-aranla. Es handelt sich hierbei im Gegensatz zum Oru Seco um einen Zyklus von Gesängen, die sich ebenso wie die Toques des ersten, "trockenen" Abschnitts an die Gesamtheit aller Orishas richtet. Es werden für jeden der angesprochenen Orishas jeweils ein bis drei Lieder gesungen, die von den Trommeln begleitet werden. In einem Toque Bembe oder einer Güíro-Zeremonie (mit Chékeres) ist der Oru Cantado der einzige Anfangszyklus, der im Igbodú gespielt wird; einen Oru Seco gibt es dort nicht.

Die Reihenfolge, in der die einzelnen Orishas (wiederum in Havanna) bedacht werden, ist auch beim Oru Cantado festgelegt, wenn auch nach lokalen Gepflogenheiten unterschiedlich angeordnet. Folgende Reihenfolge ist relativ häufig anzutreffen:

  1. Eleggua
  2. Ogún
  3. Ochosi
  4. Oricha Oko
  5. Inle
  6. Babalú Ayé
  7. Osain
  8. Obatala
  9. Oddudua
  10. Dada
  11. Obaloke, Korikoto und Oggué
  12. Aggayú
  13. Ibeyi
  14. Changó
  15. Obba
  16. Yegua
  17. Oyá
  18. Yemayá
  19. Ochún
  20. Orunmila

Auch beim Oru Cantado stehen die tres guerreros am Anfang, während der Orisha, für den das betreffende Fest gegeben wird, aus der oben angeführten Reihenfolge ausgekoppelt und an den Schluß gestellt wird (nach Orunmila). Die Anrufung von Osain, Oddudua und Obaloke ist hier optional. Weitere Variationen bestehen in der Vertauschung de Plätze von Oricha Oko und Inle, in der Placierung von Obatala nach Changó und der Ibeyi nach Korikoto und Oggué, sowie diversen anderen Möglichkeiten.

Der Cierre

Der cierre oder (wörtlich:) Abschluß der Zeremonie beginnt abermals mit einem "trockenen" Teil, also einem Abschnitt, der von den Trommeln ohne Gesang gestaltet wird. In diesem Teil werden die Egun (Egungun), also die Kollektivität der verstorbenen Vorfahren angerufen, bevor sich eine Auswahl von Toques für einige Orishas anschließt. Die Reihenfolge dieses Abschnitts des Cierre ist folgendermaßen:

  1. Egun (in 4 Teilen)
  2. Oyá
  3. Babalú Ayé
  4. Yegua
  5. Osain
  6. Yemayá

Für Babalú Ayé werden wieder zwei Toques gespielt (Iyankota und Bariba ogede ma). Für Oyá wird das Toque Oyá bi'kú gespielt. In einigen Fällen tauschen Osain und Yegua ihre Positionen. Für Yemayá wird der schnelle Teil des Toque Alaró gespielt.

Während des Cierre steht ein mit Wasser gefüllter Eimer vor den Trommlern. Zu Beginn des Toques Alaró ergreift eine Tochter von Yemayá, also eine in Yemayá eingeweihte Priesterin, diesen Eimer, schleudert ihn im Kreis, um den Raum geistig zu reinigen, und trägt ihn dann hinaus, um ihn auf die Straße zu entleeren. Darauf bringt sie ihn wieder hinein und stellt ihn umgekehrt wieder vor den Trommlern nieder. In diesem Moment endet dieses Toque, und mit ihm der Seco-Teil des Cierre.

Nach dem Seco-Part des Cierre folgen noch einige gesungene Lieder für Eleggua.

Nach diesen Liedern für Eleggua kommt die sogenannte Salida, der "Ausgang". Hier werden nun über ein Toque mit demselben Namen Lieder für Eleggua (Eshú) und für Olokun gesungen.

Den endgültigen und unwiderruflichen Schluß der Zeremonie markieren die Trommeln mit einem kurzen, nur zwei Takte langen Signal ("Final"). Dieses ist das Ende des Cierre und des gesamten Tambor.

Tambor a Egun

Die Toques des Cierre eines Tambor al Santo werden in genau derselben Folge als Oru Seco zu Beginn eines Tambor a Egun (Zeremonie für die Toten) gespielt, allerdings nicht vor einem Orisha-Altar im Igbodú, sondern vor einem Egun-Altar im Freien. Es folgt der Oru Cantado a Egun, der nur Lieder für die Egun in einer bestimmten Folge enthält. Der Oru Cantado findet wie beim Toque de Santo im Wohnraum (der sala) statt. Zu einem Toque Egun müssen alle Teilnehmer in weißer Kleidung erscheinen und sich einen kleinen Zedrach-Zweig ("Paraíso", Melia azedarach) hinter das Ohr klemmen.

Für die Egun werden die Batá ohne banté und ohne chaworó gespielt.

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